Wer kümmert sich um mich, wenn ich alt bin?

Die Frage, ob Kinderfreie  im Alter alleine sein werden, beschäftigt viele von uns. Allein altern ist eine der meist genannten Ängste bei der Entscheidung gegen Kinder. Das Alleinsein ist das eine, das andere ist der Pflegeaspekt. Wer kümmert sich um mich, wenn ich im Alter Unterstützung benötige?

Trotz Kinder keine Unterstützung im Alter

Aktuell gibt es in der Schweiz rund 150’000 ältere Menschen ohne Kinder, die sich um sie kümmern. Wichtig ist zu verstehen, dass nicht all diese Menschen kinderfrei leben. Darunter sind auch Menschen, deren Kinder oder Enkel weit weg wohnen oder die sich nicht um sie kümmern können/wollen. Das zeigt einmal mehr:

Kinder zu haben ist keine Garantie dafür, dass sie sich im Alter um einen kümmern!

Expert*innen rechnen damit, dass die Zahl von 150’000 in Zukunft steigen wird. Und das bringt das Schweizer Pflegesystem an seine Grenzen. Denn es basiert auf der Prämisse, dass sich Kinder um ihre immer älter werdenden Eltern kümmern. Fehlen Kinder, sind andere Lösungen gefragt (Quelle srf.ch).

Alt ist nicht gleich alt

Eine Studie von der FHNW übers Altern ohne Kinder zeigt auch, dass es nicht “den” alten Menschen gibt. Es gibt z.B. Menschen, die schon immer gerne eher alleine waren. Denen macht es wenig aus, auch im Alter ein kleines soziales Netz zu haben. Und im Gegensatz dazu; Menschen, die es schon immer gerne gesellig hatten; und die kümmern sich auch ohne Kinder um ein vielfältiges Umfeld. Pauschalisierungen sind schwierig. 

Betreuung ist teuer

Wenn also keine Kinder sich um Ältere kümmern, dann muss man sich anderswo Hilfe suchen. Aber: Sich “extern” betreuen zu lassen im Alter ist nicht gerade günstig. Ein Monat im Pflegeheim kostet laut der NZZ 10’216 Franken, das sind 122’592 Franken pro Jahr! Und einen Grossteil davon zahlt die Privatperson selber - das sind durchschnittlich 64’000 Franken, also mehr als die Hälfte. 40% der Menschen können das aus eigener Kraft zahlen (aus der Rente oder dem Vermögen) - beim Rest kommen Ergänzungsleistungen zum Zug. Wenn Verwandte vorhanden sind, die “in günstigen Verhältnissen leben”, werden die ebenfalls zur Kasse gebeten. 

Deutlich günstiger, wer sich also von Kindern oder Familienangehörigen pflegen lassen kann ;) Funktioniert natürlich nur, wenn man die gute alte unbezahlte Care Arbeit ausser Acht lässt - wie so oft.

Freiwillige Betreuungsarbeit in der Familie

Das Bundesamt für Statistik hat errechnet, dass im Jahr 2020 in der Schweiz unbezahlte Care Arbeit im Wert von 434 Milliarden Franken geleistet wurde. Das sind 9.8 Milliarden Stunden! Zum Vergleich; es wurden 7.6 Milliarden Stunden bezahlt gearbeitet. 

Klar, bei der Care Arbeit geht’s nicht nur um die Betreuung von älteren Familienmitgliedern, sondern auch um Kinderbetreuung oder Hilfestellung für Verwandte, Bekannte, Nachbarn etc.

Übrigens; wenig überraschend erledigen Frauen den grösseren Teil der Care Arbeit: “Die Frauen übernahmen 60,5% des unbezahlten Arbeitsvolumens, die Männer 61,4% des bezahlten Arbeitsvolumens.” Kein Wunder gibt’s den Gender Pay und Pension Gap.

Netzwerk und Geld statt Kinder

Das Fazit: Altern ist mit und ohne Kinder nicht ganz einfach. Doch statt zu jammern, hier drei Lösungsansätze:

Soziales Netz pflegen

Man muss sich selber früh genug um ein soziales Netz kümmern und dieses pflegen. Und zwar ein möglichst diverses. Freund*innen verschiedener Altersstufen, Menschen mit und ohne Kinder etc. Dieses Netz hilft nicht nur bei der Bewältigung von gewissen Aufgaben im Alter, es hält auch kognitiv fit! Als Kinderfreie hat man tendenziell Zeit dafür, wenn man bedenkt, dass alle Grosseltern 157 Millionen Stunden pro Jahr ihre Enkel*innen betreuen (Quelle bfs.ch).

Finanziell vorsorgen

Mit einem gewissen finanziellen Polster altern ist sicherlich sinnvoll. Klar, das ist einfacher gesagt als getan, aber gerade Kinderfreie haben hier entscheidende Vorteile - ein Kind kostet ein Vermögen (laut swisslife.ch rund 20’000 Franken pro Jahr), v.a. wenn man den Erwerbsausfall und die dazugehörigen nicht einbezahlten Vorsorgebeiträge (AHV, BVG) einrechnet!

Mein Zwischenappell an dieser Stelle: Wer sich noch nicht um seine Vorsorge gekümmert hat (z.B. Säule 3a) dann ist es JETZT höchste Zeit ;)

Systemwechsel anstossen

Aber…auch das System muss sich ändern! Denn:

Sowohl die Kinderbetreuung wie auch die Altenpflege beruht praktisch komplett auf unbezahlter Care Arbeit, zum grossen Teil auf dem Buckel der Frauen. Das ist nicht sehr nachhaltig.

Wir Menschen, besonders hier in der Schweiz, werden immer älter. Gute Pflege darf kein Luxus sein. Politik und Wirtschaft sind gefragt - und auch hier können wir alle mitbestimmen, indem wir entsprechend wählen und abstimmen.

Was sind eure Gedanken zu diesem Thema? Bereitet euch das Altern ohne Kinder Sorgen?

 
Nadine

Seit 2019 bewusst kinderfrei und zufrieden mit der Entscheidung.

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