Warum habe ich so lange nicht Nein gesagt?

Die Geschichte von Michaela

Wann hast du das erste Mal laut ausgesprochen «Ich will keine Kinder»? Mein Moment war tatsächlich bei meiner Gynäkologin. Wie immer, machen sich diese Notizen bei den Terminen. Da ich eine neue hatte, kam zuerst ein Kennenlerngespräch. Sie fragte: Wollen Sie Kinder? Mein Blick fiel auf den Boden und ein Schamgefühl kam auf. Dann sprach ich es aus: «Nein, ich möchte keine Kinder.»

Sie antwortet nur:

Das ist ok. Nicht alle müssen Kinder wollen.

Sie fragte nach meinem Beziehungsstatus. Ich bin seit 18 Jahren mit meinem Partner zusammen und während dieser Jahre haben wir uns zusammen für ein kinderfreies Leben entschieden.

Aber ehrlich gesagt, war es nicht immer so. Als wir uns Anfang zwanzig kennengelernt haben, war vollkommen klar, dass wir mal Kinder haben werden. Wir haben auch mit Familie und Freunden darüber gesprochen.

Als wir dann gemeinsam auf die 30 zugingen und wir oft an Hochzeiten waren, wurden wir auch dort öfter mit dem Thema konfrontiert. Wir merkten immer mehr, dass wir dem Thema auswichen. Trotzdem war es immer Gesprächsthema bei Familien und Freunden. Wir haben aber auch nicht ausgesprochen, dass wir keine wollen.

Mit der Zeit kamen immer mehr Kindergeburtstage als Hochzeiten. Wir sind da sehr gerne dabei und feiern unsere Lieblingskinder, bei welchen wir auch teilweise Gotti und Götti sind.

Meistens haben wir uns nach diesen Anlässen immer wieder unterhalten und gefragt: Wollen wir das auch? Unter uns gab es immer ein klares Nein. Im Nachhinein fragen wir uns aber immer noch:

Warum haben wir es nicht ausgesprochen?

Unsere Freunde mit Kindern haben viel weniger Zeit und andere Prioritäten. Das verstehe ich. Aber warum war mir das mehr bewusst, als denen, die Kinder bekommen haben?

Ich finde es sehr schade, dass Treffen mit Freunden auf der Strecke bleiben. Wenn ich mich mit meinen Freundinnen unterhalte, merke ich, wie sehr sie ihr eigenes Leben zurückstecken. Es tut mir leid, aber in meinem Umfeld geht es den Vätern besser und viele von denen können Ihre Hobbys noch ausführen.

Ich vermisse meine Freundinnen, die regelmässigen Treffen, ob nur zu einem Drink oder einem gemütlichen Abendessen.

Das Leben ändert sich schlagartig. Nicht nur für Eltern, sondern auch für das Umfeld.

Wir haben zwei verschiedene Freundesgruppen. Die eine mit Kindern und die andere ohne.

Ich verbringe gerne Zeit mit den Freunden, die Eltern sind – auch mit deren Kindern. Aber wir müssen auch ehrlich sein: Wie viel Zeit hat man wirklich, um sich zu unterhalten? Nach meiner Erfahrung sehr wenig. Kinder brauchen und bekommen so viel Aufmerksamkeit. Eine ausgiebige erwachsene Unterhaltung ist sehr schwierig.

Mit den Freunden ohne Kinder kann es sein, dass Gesprächsthemen ausgehen. Selten, aber bei uns möglich. Darum treffen wir uns regelmässig zu Brettspielabenden und wir haben dabei immer genug Zeit, uns zu unterhalten und zu spielen.

Wir schätzen die Zeit, die einfach für uns ist – ohne Ablenkung.

Ich bin dankbar, dass wir uns als Paar für ein kinderfreies Leben entschieden haben. Wir können unsere Zeit selbst gestalten und seien wir ehrlich: «Nichts» tun macht auch Spass.

Wir sind gerne mit und für unsere Freunde da. Unsere Freunde und Familie sind uns wichtig. Wir sind oft die flexiblen Helfer in verschiedenen Lebenslagen. Wir haben aber auch die Möglichkeit, uns nicht zu verplanen oder etwas aufzuschieben.

Hier und jetzt, nochmals klar, deutlich und schriftlich:

Ich will keine Kinder und ich liebe mein Leben so, wie es ist.

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Michaela

lebt kinderfrei mit ihrem Partner

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