Wenn Freund*innen Kinder kriegen

«Ich bin schwanger.» Wie oft habe ich diesen Satz gehört in den letzten paar Jahren. Geht man gegen die 30 zu, kommt man in die Baby-Jahre. Freundinnen, Kolleginnen, alle verkünden ihre Schwangerschaft. Ja, ich freue mich für sie. Wenn sie glücklich sind mit diesem Umstand. Natürlich. Ein Teil in mir – zugegeben, ein recht grosser – verspürt jedoch auch immer Traurigkeit.

Ein Kind wird die Freundschaft nachhaltig verändern. Das ist einfach so. Ob man will oder nicht. Der Alltag einer Mutter oder eines Vaters ist nun mal anders als jener einer kinderfreien Person. Und das beeinflusst das Miteinander.

Der Roadtrip 

Ich habe ein VW-Büsli und entdecke mit diesem gerne die Welt. So ein Roadtrip eignet sich auch super als Metapher, um meine Gefühlslage zu beschreiben:

In meinem Hippiebus hat es viel Platz für Mitreisende. Mit einigen habe ich jahrelang wilde Parties im Wald gefeiert, mit manchen tiefe Gespräche geführt und wir haben uns geschworen für immer Freund*innen zu bleiben. Manchmal ist jemand ausgestiegen, hat eine Weile an einem Ort Halt gemacht  oder ist mit dem Zug eine Teilstrecke gefahren. Am Ende des Tages haben wir uns aber immer wieder am Lagerfeuer getroffen.

Als Kinder kamen, änderte sich der Roadtrip. Autos mit Kindersitzen mussten her, Minivans mit Dachboxen für die Reisebettchen. Wir reisten plötzlich an andere Orte, befuhren andere Strassen. Dass sich diese unterschiedlichen Wege per Zufall kreuzen ist unwahrscheinlich. Deshalb baue ich Umwege ein, welche mich auf ungewohntes Terrain führen, das nicht gemacht ist für meinen Hippiebus. 

Aus Feierabend-Apéros, Bar-Tours und langen gemütlichen Abendessen werden Zvieri-Dates, Spaziergänge mit dem Kinderwagen und Sonntagsbrunchs.

Nicht nur die Orte und Zeiten der Treffen ändern sich, auch die Gesprächsthemen. Es geht um Babybrei, Nuggies und Kita-Tage … Als Nicht-Mutter verstehe ich das. Ich verstehe, dass es jetzt ein Wesen gibt, das Zeit und Aufmerksamkeit braucht, um das herum man seine Aktivitäten planen muss, das die Gedanken beherrscht, tagein – tagaus … Aber, es braucht auch Verständnis für die andere Seite. 

Als kinderfreie Freundin muss ich flexibel sein, mich anpassen, auf gewisse Dinge verzichten, die vorher selbstverständlich waren. Ich lebe immer noch in meinem Hippiebus und es gefällt mir dort immer noch sehr gut. Nur – wer begleitet mich jetzt noch auf meinem Roadtrip? 

Nur noch im Doppelpack

Insbesondere Frauen gibt’s ab Geburt meist nur noch im Doppelpack. Mit Kind. Das muss gestillt werden, es kann noch nicht allein zu Hause sein etc. Verständlich. Und ja, ich möchte die Kids sehen. Aber manchmal möchte ich auch einfach nur meine Freundinnen treffen. Allein. Die eine oder andere fühlte sich dadurch schon vor den Kopf gestossen. Als ob ich ihr Kind nicht mögen würde. 

Treffen mit Kindern sind anders als Treffen ohne Kinder.

Kinder lenken ab, Kinder haben Hunger, Durst, die Windel voll, wollen Spielen, vor Kindern kann man nicht jedes Thema besprechen, mit Kindern kann man nicht überall hin und auch nicht jederzeit. Es braucht eine Balance. Mit einigen Freund*innen kriege ich das besser hin, mit anderen schlechter. Ich habe eine Freundin, die ich seit ca. 4 Jahren nur ein einziges Mal ohne Kind/er und Mann gesehen habe. Wie viel hält eine Freundschaft aus?

Alle auf einmal

Bei mir ging der Babyboom genau während des Corona-Lockdowns so richtig los. Innerhalb von wenigen Monaten sind in meinem engen Umfeld 6 Kinder auf die Welt gekommen. Ich hatte, offen gesagt, schwer damit zu kämpfen. Durch die Pandemie wurde mein Alltag komplett auf den Kopf gestellt. Wie viele andere, wollte ich nur, dass alles wieder normal wird, dass ich mein Leben zurückerhalte. Doch mit den ganzen Schwangerschaften und Geburten wurde mir bewusst: Auch wenn die Pandemie vorbei ist, wird mein Alltag nicht wieder wie vorher sein.

Ich war wohl keine allzu gute Freundin in dieser Zeit für meine Freundinnen, die Mütter wurden und das tut mir sehr leid. Ich war verletzt, überfordert. Und fühlte mich einsam. Ich hatte das Gefühl, dass meine Emotionen nicht wichtig waren. Schliesslich geht’s hier um die Kreation von Leben, von Fürsorge für ein Kind, für die nächste Generation, Familiengründung, Blabla. Und ich trauerte Festivals und Restaurantbesuchen nach… 

Neue und alte Freundschaften

Gewisse Dinge haben sich mittlerweile eingependelt. Vielleicht habe ich mich auch einfach an die neue Situation gewöhnt, mich damit arrangiert. Aber manchmal ist es immer noch hart. Und ich vermisse meine Freundinnen und Freunde teilweise. Die Kinder sind noch klein - viele sagen “es wird besser, wenn sie älter sind”. Wir werden sehen…

Aber wie sagt man so schön? Wenn sich eine Tür schliesst, öffnet sich eine neue. Ich habe durch diese Veränderungen neue Freundschaften gewonnen. Mit Menschen, die auch keine Kinder wollen.

Und ich bin überzeugt, dass, wenn sich beide Seiten Mühe geben, die wahren Freundschaften auch den ‘Kindergraben’ überwinden können!

In diesem Sinne - ein Hoch auf die Freundschaft! Etwas vom Wichtigsten im Leben - denn schliesslich sind Freundinnen und Freunde die Familie, die man sich bewusst aussucht. 

Wie stehst du zu dieser Sache? Kannst du einige meiner Gedanken nachvollziehen? Ich würde mich sehr über deine Meinung als Kommentar freuen!


 
Nadine

Seit 2019 bewusst kinderfrei und zufrieden mit der Entscheidung.

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