Ich wollte nicht so enden

Die Geschichte von Sedona

Ich bin mit einem überaus dominanten Vater aufgewachsen. Ab meinem 7. Lebensjahr musste ich ständig auf meine 6,5 Jahre jüngere Schwester aufpassen. Manchmal von morgens bis abends: sie aufnehmen, füttern, Windeln wechseln, mit ihr spielen, mitnehmen zu Freunden, abends nach dem Essen ins Bett bringen. Es hiess: Du wolltest ein Geschwisterchen, du passt auf sie auf. Das war mir alles zu viel.

Als ich älter wurde, wurde auch die Beziehung zu meiner Schwester besser und mit meinem schulischen und beruflichen Fortschritt nabelte ich mich endlich von der Familie ab. Eigentlich war ich schon ein Familienmensch, aber erst mal war für mich am Anfang meines Berufslebens klar, dass ich mich weder für Ehe noch Kinder «anbinden» lassen würde, obwohl es ein paar Männer versuchten.

Ich wollte erst mal ein eigenes, selbstständiges Leben aufbauen.

Ich war nicht gegen das Kinderkriegen, aber auch nicht versessen darauf. Ich war auch etwas zu wild für einen normalen Mann. Das Leben ging weiter. Doch da war nie ein richtiger Kinderwunsch. Ich kannte auch viele Frauen, die sich nach der Geburt bald vom Partner trennten und in ständigem Stress lebten. Einige benutzten Männer lediglich dazu, schwanger und Single-Mutter zu werden. Nur um dann zu merken, dass das so einfach doch nicht ist. Einige liessen sich vom Freund zu einem Kind überreden, nur um dann verlassen zu werden, weil es dem Neuvater doch zu viel wurde. Allesamt leben sie grösstenteils von der öffentlichen Hand.

Ich wollte nicht so enden.

Ich bin jetzt 59 und seit 18 Jahren in einer glücklichen Beziehung. Niemand von uns zwei bereut es, keine Kinder gehabt zu haben.

Ich bin zufrieden mit meinem Leben. Kommt noch hinzu, dass ich immer Kinder in der Nähe hatte, die ich hütete und die mich brauchten. Der Nachbarsjunge, der von seiner Mutter verlassen wurde. Mein Neffe, dessen Eltern beide nichts taugten. Kinder der Nachbarschaft, die uns unglaublich interessant fanden und viel bei uns hockten, sogar manchmal ihre Aufgaben bei uns machten. In dieser Rolle gingen wir auf. 

Vielleicht braucht es eben auch Leute wie uns?

Eltern sollten wirklich nicht in der aufopfernden Rolle sein und alles buckeln müssen.

Natürlich kommen Fragen! Da bleiben wir stets diplomatisch. Bei einigen spüren wir ehrliche Neugier, und es ergeben sich überaus interessante Diskussionen. Bei anderen zeigt sich leider Neid und (Entschuldigung) beschränktes Denken wie: 

  • Aber einfach mal die Erfahrung zu machen, wäre doch wichtig.

  • Man muss doch einmal Kinder gehabt haben, das macht man doch einfach so.

  • Man will ja schliesslich dazugehören.

  • Mutter sein ist alles.

  • Kinderlose sind egoistisch und karriere-/geldgeil. 

Das sollen Gründe sein, Kinder zu kriegen? Sorry, diese Dinge haben mich nie überzeugt! Eher tun mir die Kinder von solchen Eltern leid. Da sie für irgendwas herhalten müssen, was nicht gerecht ist. Und steuertechnisch zahlen wir ja eigentlich die ganze Infrastruktur für Familien, sicher nicht die Familien selbst.

Das Thema Kinderhaben oder nicht geht ins Uferlose. Wichtig ist, dass man sich treu bleibt, und dazu steht, egal, was da kommt.

Sich fortzupflanzen mag ein Bedürfnis sein, dem aber nicht um jeden Preis gefolgt werden muss.

Alles Liebe an euch!

Sedona


Sedona

ist 59, arbeitet als Dentalhygienikerin und lebt in der Schweiz.

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